Pfarrkirche St. Raphael

Antareshof 5 | Stadtteil Auf der Horst | 30823 Garbsen

Historische Daten:

Die Kirche St. Raphael ist am 14. Juli 1968 geweiht worden, die Grundsteinlegung war am 13. August 1967.
In der gleichen Zeit am 23. Mai 1968 ist die Filialkirche St. Johannes im Stadtteil Alt-Garbsen geweiht worden, die Grundsteinlegung war am 22. Oktober 1967.

Der Altarteppich

Der Brunnen

Geschichte der Kirche St. Raphael

Als “Gerboldenssen” wird die Siedlung Garbsen 1160 urkundlich genannt. Im Marstemgau lag sie an der Leine unweit des Augustinerinnenklosters Marienwerder. Die Leineniederung bot hier mit Geest, Moor und Masch günstige Voraussetzungen für die Entwicklung der Landwirtschaft, der Nutztierhaltung, der Torfgewinnung und der Mühlenwirtschaft. Die Garbsener Mühle war 1160 im Besitz des Mindener Domkapitels. Diese wirtschaftlichen Vorzüge nutzte auch das benachbarte Kloster Marienwerder.

Es verfügte bald über die bischöflichen Lehen, so 1245, als Bischof Johann von Minden (1242–1253) den Augustinerinnen das Obereigentum der Garbsener Güter übertrug. Die Siedlung war gräflicher Vogteisitz, dem außer Garbsen die Dörfer Havelse, der Hof Basriede und das Klosteramt Marienwerder angehörten. Der Vogteisitz stand zunächst unter der Verwaltung und Regierung der Grafen von Roden, die in diesem Teil des Marstemgaues während des Mittelalters herrschten. Zum Schutz ihrer rechts der Leine liegenden Besitzungen ließen sie 1225 die Burg Ricklingen erbauen. Auch dieser gräfliche Besitz fiel jedoch 1333 an die Welfenherzöge, die hier das Amt Ricklingen einrichteten.

Die Vogtei Garbsen schlugen sie dem Amt Ricklingen zu, das später dem Herzogtum Calenberg unterstand. Als Verwaltungsmittelpunkt des Amtes Ricklingen wurde die gleichnamige Burg in darauf folgender Zeit durch schloßähnliche Bauten ersetzt. Herzogliche Vögte bzw. Drosten verwalteten das Amt.

Mit “ecclesiam in gerbersem” wird 1250 das Gotteshaus in Garbsen urkundlich greifbar. Das Patrozinium der Kirche ist unbekannt. Im Mindener Archidiakonat Wunstorf gehörte sie zur Haupt- und Taufkirche St. Cosmas und Damian. Da die Gemeinde über keinen ortsansässigen Geistlichen verfügte, wurde der Gottesdienst hier von einem Wunstorfer Priester gehalten. Die Taufe und andere Sakramente wurden in St. Cosmas und Damian gespendet. Bischof Johann von Minden inkorporierte 1250 die Garbsener Kirche dem Augustinerinnenkloster Marienwerder. Danach übte der Klostergeistliche die Seelsorge in Garbsen aus, und die Augustinerinnen verfügten über das hiesige Kirchenvermögen. Die Rechte des Wunstorfer Archidiakons blieben jedoch weiterhin bestehen. Nach der Einführung der Reformation 1542 im Augustinerinnenkloster Marienwerder erhielt Garbsen Pfarrechte. Dem Pfarrsprengel wurde die Filiale Havelse eingegliedert, das zuvor Engelbostel unterstellt war. In Garbsen bestand der ev. Pfarrzwang, im Herzogtum Calenberg die ev. Religionsassekuranz. Seit der Aufhebung des Bistums Minden im Westf. Frieden von 1648 war das Herzogtum Calenberg kath. Missionsgebiet. 1884/85 war unter preußischer Regierung der Landkreis Neustadt a. Rbge. geschaffen worden, dem man Garbsen anschloß.

1895 lebten in der Gemeinde 544 Einwohner; ein Katholik wohnte damals im Ort. Die Einwohnerzahl war niedrig und der Zuzug von kath. Neusiedlern blieb aus, da hier geeignete Arbeitsmöglichkeiten fehlten. Mit Landwirtschaft, Viehzucht und Torfgewinnung sicherte sich die dörfliche Bevölkerung ihren Lebensunterhalt. Der Einfluß der Industrialisierung wurde hier erst nach der Jahrhundertwende spürbar. Die Garbsener Wirtschaftsentwicklung wurde durch die Errichtung von Ziegeleien und Hartsteinwerken eingeleitet. Im Jahre 1886 hatte man am Südostrand des Dorfes Garbsen eine Ziegelei aufgebaut. Sie beschäftigte 30–40 Arbeiter. Eine weitere Ziegelei entstand nach der Jahrhundertwende zwischen Garbsen und Havelse. Letztere mußte jedoch infolge geringer Wirtschaftlichkeit wieder aufgegeben werden; ihre Gebäude nutzte seit den 20er Jahren eine Lackfabrik.

Die Entwicklung der Garbsener Hartsteinwerke begann 1929 mit der Gründung des Werkes “Hansa” an der alten Ricklinger Straße. 1930 kam das “Werk Garbsen” hinzu, 1932 das Werk Hannover. Ebenso waren als Garbsener Arbeitsstätten der Verschiebebahnhof und die chemische Fabrik im benachbarten Seelze bedeutend. In den Jahren 1936 bis 1939 boten auch die Continental-Gummiwerke und die Akkumulatorenfabrik Varta in Stöcken Arbeitsplätze an. Katholiken hatten nach der Jahrhundertwende jedoch nur vorübergehend in Garbsen gelebt. Beim Mittellandkanalbau, der 1912 die Gemarkung von Garbsen erreichte, oder in der Landwirtschaft waren sie beschäftigt. Als Saisonarbeitern bot man polnischen Katholiken auf den Gütern Arbeit an. Im Jahre 1913 war in Seelze die Hl.-Dreifaltigkeits-Kirche erbaut worden. Die wenigen Katholiken Garbsens besuchten das benachbarte Gotteshaus, wo die Geistlichen der St.-Benno-Gemeinde in Linden Messe hielten.

Obwohl die Katholiken des Landkreises Neustadt a. Rbge. kirchlich der Gemeinde in Neustadt bzw. der Pfarrvikarie in Wunstorf angehörten, war hier die örtliche Nähe von Garbsen zu Seelze ausschlaggebend für die Mitbetreuung durch die Lindener Pastöre. Während der Zeit nationalsozialistischer Regierung wurden für den Bau der Militärflugplätze in Wunstorf und Evershorst 1935/36 und den Bau der Ost-West-Autobahn, die durch das Gemeindegebiet führt, Garbsener Arbeitskräfte herangezogen. Nach ihrer Einberufung zur Wehrmacht ersetzte man sie durch Fremd- und Zwangsarbeiter. Im Zweiten Weltkrieg (1939–1945) wurde Garbsen mehrfach bombardiert. In den Dörfern der Umgebung verursachten die Luftangriffe große Schäden. Ziel alliierter Luftangriffe waren jedoch vorrangig Städte wie Hannover. Ihre Bewohner mußten evakuiert werden, in ländlicher Umgebung suchten sie Unterkunft. Nach den schweren Luftangriffen der Jahre 1942/43 auf Hannover waren zahlreiche Evakuierte in Garbsen vorübergehend untergebracht worden. Bereits nach Kriegsende waren sie jedoch nach Hannover zurückgekehrt.

Die Gemeinde Garbsen hatte 1944 die ersten Heimatvertriebenen aufgenommen. Ihnen folgte bald der große Strom von Flüchtlingen aus dem Osten. Nach zwischenzeitlicher Unterbringung und Personalienaufnahme in der hiesigen Schule verteilte man sie auf die Dörfer der weiteren Umgebung, wo sich die Einwohnerzahl in den nächsten Jahren fast durchgängig verdoppelte. Ebenso in Garbsen, wo sich zahlreiche Heimatvertriebene niederließen. Im benachbarten Seelze war seit 1945 ein Kaplan ansässig, der die Katholiken in Garbsen mitbetreute. Die erste Hl. Messe nach der Reformation hielt er 1946 im ev. Gemeindehaus von Garbsen. Später wurde der Gottesdienst sonntäglich in der ev. Kirche gefeiert. Im nahen Meyenfeld wurde 1947 eine kath. Pfarrvikarie eingerichtet, die man 1954 nach Berenbostel verlegte. Als 1954 die kath. Kirchengemeinde in Seelze eingerichtet wurde, gehörten ihrem Seelsorgesprengel u. a. die Katholiken in Garbsen, Havelse, Dedensen und Kolenfeld an.

Die Garbsener Katholiken waren hauptsächlich als Industriearbeiter vor Ort oder in den benachbarten Fabriken von Stöcken und Seelze beschäftigt. Die Ziegeleien und Hartsteinwerke wurden später aufgegeben, so dass die Einwohner Garbsens auf Arbeitsplätze außerhalb ihrer Gemeinde angewiesen waren. Zahlreiche Neubaugebiete entstanden, als der Siedlungsbereich zwischen Alt-Garbsen und dem Mittellandkanal erschlossen wurde, wo sich hauptsächlich heimatvertriebene Katholiken niederließen. Von der Gründung des Verbandes Großraum Hannover 1962 profitierte die Gemeinde in mehrfacher Hinsicht. Denn zwischen Garbsen und der Nachbargemeinde Havelse entstand in darauf folgender Zeit das großangelegte Neubaugebiet “Auf der Horst”, an das sich weitere Bauvorhaben auf dem Pott- und Kronsberg anschlossen. Als letztes Bauvorhaben entstand in den 80er Jahren der Stadtteil Garbsen-Nord. Ebenso verbesserte sich die Wirtschaftssituation nach dem Ausbau der Infrastruktur. Die verkehrsgünstige Lage an der Bundesautobahn A 2 und der B 6 mit direktem Anschluß an die Nord-Süd-Autobahn A 7 und die unmittelbare Nähe zum Flughafen Hannover hatten hier die Ansiedlung von kleinen und mittelständischen Betrieben aus unterschiedlichen Branchen gefördert. Der Schwerpunkt liegt heute im Dienstleistungsbereich.

Hl. Messe wurde in Garbsen von 1963–1964 im sog. “Schafstall” gefeiert, einer 1946/47 errichteten einfachen Schulklasse, die neben der Osterbergschule stand. Darüber hinaus wurde Gottesdienst weiterhin in der evangelischen Kirche angeboten. Bereits 1964 konnte die Osterbergschule als Notkirche eingerichtet werden. Ein Pfarrvikar wurde 1965 von Bischof Heinrich Maria Janssen (1957–1982) vor Ort eingesetzt, der auch “Auf der Horst” in der Saturnschule Messe hielt.

Der Grundstein für die kath. St.-Raphaels-Kirche konnte direkt im Neubaugebiet “Auf der Horst” 1967 gelegt werden. Die kommunalen Bauprojekte waren hier damals noch nicht abgeschlossen. Ebenso die im benachbarten Neubaugebiet auf dem “Pottberg” in Alt-Garbsen, das bis zur Autobahn reicht. Als man hier die St.-Johannes-Kirche erbaute, wurden auch in Alt-Garbsen bis zum endgültigen Abschluß des Neubaugebietes “Pottberg” noch steigende Katholikenzahlen erwartet. Der Bau der St.-Johannes-Kirche war infolge der Entfernung zur späteren Pfarrkirche St. Raphael noch notwendig. Das für den Kirchbau geeignete Grundstück auf dem “Pottberg” hatte man von der Volkswagen AG erworben.

Durch beide Neubaugebiete waren die Gemeinden Garbsen und Havelse miteinander verbunden worden. Dem wurde 1967 entsprochen, als sich Garbsen und Havelse zur Gemeinde Garbsen zusammenschlossen. 1968 erhielt Garbsen Stadtstatus; es zählte 24000 Einwohner. Damals lebten 3400 Katholiken in der Stadt, 1970 waren es bereits über 3 700. Bischof Heinrich Maria Janssen erhob die Pfarrvikarie St. Raphael 1970 zur Kirchengemeinde. Ihr Seelsorgebezirk umfaßte die bereits der Vikarie zugeordneten nördlichen Bereiche von Garbsen und Marienwerder.

Den Status einer Pfarrei erhielt St. Raphael 1973. Der Zuzug von Gemeindemitgliedern in die Neubaugebiete von St. Raphael hatte jedoch die Gemeindebildung deutlich erschwert. Denn die Zusammenführung der alteingesessenen heimatvertriebenen Katholiken mit neu hinzuziehenden Industriearbeiterfamilien war schwierig. Als Wohn- und “Industriestadt” wurde Garbsen Mittelzentrum der umliegenden Landgemeinden. Im Zuge der Kreis- und Gebietsreform 1974 waren die Ortschaften Berenbostel, Frielingen, Heitlingen, Horst, Osterwald-Oberende, Osterwald-Unterende, Schloß Ricklingen und Stelingen in die Stadt eingemeindet worden. Auch wurde der Landkreis Neustadt a. Rbge. aufgelöst und dem Landkreis Hannover zugeschlagen. Als Garbsen 1977 56 552 Einwohner zählte, war es die größte Stadt im Landkreis Hannover. Der städtische Entwicklungsprozeß setzt sich bis heute hin fort. Es entstand in unmittelbarer Nähe des Stadtteiles Garbsen-Nord, heute als Garbsen-Mitte bezeichnet, ein Zentrum für Forschungs- und Entwicklungseinrichtung. High-Tech-Betriebe fanden hier einen Anschluß an die Forschungseinrichtungen der Universität Hannover. Die Leineaue, die an die alten Dorf- und Neubaugebiete Garbsens heranreicht, ist Naherholungsgebiet. Mitte der 60er Jahre lebten zahlreiche spanische Katholiken in der St.-Raphaels-Gemeinde, die im benachbarten Stöcken Arbeit gefunden hatten. Mit ihnen werden seit Anfang der 60er Jahre über 4000 Katholiken im Seelsorgegebiet von St. Raphael betreut. Viele von ihnen sind heute in der Automobil- und in der Automobilzulieferindustrie im benachbarten Stöcken beschäftigt. Industriearbeiter prägen auch das katholische Gemeindeleben. Aus- und Übersiedlerfamilien kath. Glaubens wurden in der Gemeinde aufgenommen; sie stellen heute 50% der Gemeindemitglieder. Bei ihnen sind sprachliche-, soziale- und Mentalitätsprobleme vorhanden. Seit 1974 besteht in der Stadt das Altenzentrum Wilhelm-Maxen-Haus in der Trägerschaft des Caritasverbandes Hannover. Die Innenausstattung beider Kirchen konnte durch die finanzielle Hilfe des Bonifatiuswerkes wesentlich bereichert werden. Ebenso war es möglich Restaurierungsarbeiten durchzuführen, deren Kosten teilweise das Bonifatiuswerk übernahm. Mit Zu- und Abwanderung von kath. Familien war die Fluktuationsrate im Gemeindegebiet von St. Raphael zunächst hoch, wenngleich heute ein geringfügiger Anstieg der Katholikenzahlen im Stadtgebiet festgestellt wurde.

Quelle: Handbuch der Diözese Hildesheim

Ehemalige Filialkirche St. Johannes in Altgarbsen an der Mozartstraße

Der Verfasser der Grundsteinurkunde von St. Johannes konnte es nicht ahnen: der Baufortschritt in Garbsen hat den umliegenden Kirchen mehr Mitglieder beschert, während die Zahl der Katholiken um St. Johannes beständig sank. Nun ist St. Johannes am 09. März 2007 profaniert und macht einem Wohnbauprojekt für ältere Menschen Platz. Gedankt sei den vielen Spendern und allen, die sich um die Pflege der Kirche und des Grundstücks gesorgt haben: dem Männerverein St. Martin und der Familie Schubert (ehemaliger Küster von St. Raphael).

Der Grundstein im neuen Bauwerk des „Heimatwerkes“ und der Kreuzweg als Dauerleihgabe an das Kloster Marienrode (im nicht öffentlichen Kreuzgang des Klosters) erinnern an die ehemalige Kirche. Die Orgel erklang bis Juli 2013 in der evangelischen  Willehadikirche ganz in der Nähe von der St. Raphaels-Kirche. (Nach einem Brand im Juli 2013 wird die Kirche wieder aufgebaut, die Orgel ist jedoch gänzlich zerstört.)

Aus der Grundsteinurkunde:

Anno Domini Eintausendneunhundertsiebenundsechzig, am 22. Oktober, im fünften Jahr des     Pontifikates Seiner Heiligkeit Papst PAUL VI, als Se. Exzellenz HEINRICH MARIA Janssen Bischof von Hildesheim, Pfarrer Karl Hillebrandt in Seelze und  Pastor Hans- Norbert Kaesehage in Garbsen waren, wurde dieser Grundstein einer katholischen Kirche in Garbsen durch den Dechanten des Dekanates Hannover- Linden, den hochwürdigen Herrn Pfarrer Otto Bank gelegt. Dieser Bau wird die dritte katholische Kirche in Garbsen sein, da im Ortsteil Havelse im Jahr 1960 die Corpus- Christi-Kirche errichtet wurde und im Ortsteil Auf der Horst am 13. August dieses Jahres der Grundstein zur St. Raphaels-Kirche gelegt wurde. Diese Kirche hier wird aus vorgefertigten Teilen gebaut und steht in einer Serie von zunächst zwölf Kirchen ähnlicher     Bauart in unserem Bistum. Diese sollen den ersten Zeugen des Glaubens, den     Aposteln, geweiht sein. Darum wollen wir dieses Gotteshaus dem Hl. Apostel  und Evangelisten JOHANNES weihen, der in den vergangenen Jahrhunderten im nahegelegenen Kloster Marienwerder als erster Nebenpatron verehrt wurde. Möge ein Funke der Christusliebe des Hl. Johannes die katholischen Christen erfassen, die im Einzugsbereich dieser Kirche leben und von denen viele als Heimatvertriebene nach dem letzten Weltkrieg zuzogen. Infolge der Erschließung neuen Siedlungsgebietes sind es im Augenblick ca. 1.500, während zu dieser Zeit in unmittelbarer Nähe dieser Kirche zahlreiche Kräne andeuten, dass ein neues großes Wohnbauprojekt begonnen hat, so dass auch  dieser Teil der Pfarrgemeinde bald wieder wachsen wird.