
Pastor Dr. Julius Folo Kafuti
Liebe Gemeinde,
ich wurde gebeten, mich kurz vorzustellen. Welch eine schwierige Aufgabe! Dabei habe ich mich schon über tausend Male vorstellen müssen, seitdem ich in Deutschland bin, das letzte Mal vor ein paar Tagen, nämlich am 9. Juni 2020 anlässlich eines Interviews mit der Zeitung „Online immer aktuell“.
Der Zeitungsartikel mit der Überschrift „Ich wusste früh, dass das mein Weg ist.“ erweckt den Eindruck, als hätte mein Weg geradlinig zur Priesterweihe geführt. Dem ist aber nicht so! Rückschläge gehören konstitutiv zu jedem Lebensweg. „Der Mensch denkt, Gott aber lenkt“, und zwar auf seine Art und Weise. Darum heißt es weiter im Volksmund: „Gott schreibt auf krummen Linien gerade“. An drei Zwischenfällen soll anschaulich gemacht werden, dass meine Priesterweihe – rein menschlich betrachtet – dem Zufall zu verdanken ist.
Liebe Schwestern und Brüder!
Mit Absicht habe ich darauf verzichtet, bei dieser Vorstellung ein Skizze meiner Biographie niederzuschreiben. Sie sollten selber sehen, dass ich praeter rerum ordinem, also gegen den zu erwartenden logischen Verlauf der Dinge, Priester geworden bin.
Nun bin ich hier in der Großgemeinde Garbsen tätig. Mein Ziel ist es, mit Ihnen den Zeichen Gottes zu lauschen, um seine diskreten Indikationen wahrzunehmen und entsprechend zu handeln.
Dr. Julius F. Kafuti
Im Knabenseminar (Gymnasium) war ich im Dienst am Altar tätig und führte in meiner Eigenschaft als Zeremoniar den Vorsitz über die Liturgiekommission. Der damalige Schulleiter legte großen Wert auf die Feier der Liturgie. Es kam aber vor, dass bei einer Andacht mit sakramentalem Segen der Altar nicht in gebührender Weise geschmückt war: Es fehlten Blumen auf dem Altar. Zudem hatte mein Team das Velum für den Segen mit der Monstranz übersehen. Doch damit nicht schlimm genug! Einige Schüler hatten sich auf die Empore zurückgezogen und verfolgten von dort aus die eucharistische Andacht. Böse gemeint war das ganze jedoch nicht. Wir hatten es hierbei mit einem Tag zu tun, da wir als Schüler einfach an unseren Grenzen angelangt waren. Es war am Gedenktag des Hl. Petrus Canisius, also am Patrocinium der Schule. Da hatten wir volles Programm: Feierliche Hl. Messe in der Früh, Fußballpartie am Nachmittag und ein Theaterstück eben nach der Andacht. Da ich sowohl beim Fußball als auch beim Theaterspiel involviert war, wurde es knapp für mich. Zu einer akkuraten Vorbereitung der Andacht konnte es kaum noch kommen.
Der Schuldirektor bewertete meine Nachlässigkeit als Sakrileg, worin er Grund genug für eine sofortige Entlassung aus der Schule sah. Wie durch ein Wunder geschah nichts, so dass ich zum Studium der Philosophie an der Philosophisch-Theologischen Fakultät in der Hauptstadt Kinshasa zugelassen wurde. Doch auch dort würde ich bald erfahren, wie sehr mein Schicksal an einem Haar hing.
Weitere Infos siehe auch unter http://kath-kirche-garbsen.de/dr-julius-folo-kafuti-pastor-garbsen/
An der Fakultät gab es eine Mensa – aus praktischen Gründen – vorerst nur für Priesteranwärter. Der belgische Ordensmann, der für unsere Küche zuständig war, bot auf seiner Speisekarte alles mögliche an, etwa Erbsen oder Pferdefleisch, nur keine lokalen Gerichte. Als ich drei Jahre später zum Sprecher der Priesteranwärter bestellt wurde, hatte der Druck auf eine dringende Umstellung der Speisekarte auf Landesprodukte seinen Paroxysmus erreicht. Also trat ich für die Einführung eines Nationalgerichtes ein: des Maniok Knödels. Die Seminarleitung stemmte sich dagegen, musste aber letzten Endes nachgeben. So groß war der Druck seitens der Studenten. In ihrem jährlichen Gutachten an meinen Bischof stempelte die Seminarbehörde mich als Revoluzzer ab und stellte meine Idoneität zum Priesterberuf weitgehend in Frage. Wieder einmal geschah es: Wie durch ein Wunder drückte das Konsultorenkollegium in meinem Heimatbistum das Auge über das vernichtende Urteil der Seminarleitung zu, so dass ich zum Studium der Theologie zugelassen wurde.
1982 wurde ich mit drei weiteren Gleichgesinnten zum Diakon geweiht, wobei die Priesterweihe fürs darauffolgende Jahr ins Auge gefasst wurde. Bis zu jenem Zeitpunkt fanden alle Priesterweihen in der Bischofsstadt Kikwit statt. Doch dann schickte sich mein Pfarrer, ein achtzigjähriger belgischer Jesuitenpater, an, meine Weihe in der Heimatpfarrei zu veranstalten. Seine Begründung war: Die letzte Priesterweihe dort ging auf das Jahr 1957 zurück, so dass junge Menschen kein konkretes Bild mehr von einer Weihe hätten. Es wäre an der Zeit, ihnen wieder einmal eine sacerdotalis Ordinatio plastisch vor Augen zu führen. Der Bischof wurde ärgerlich. Jedoch gab der Pfarrer nicht auf. Kriegsmüde gab der Bischof nach, verlegte aber auch eigenmächtig die Weihe auf das Jahr 1984. Ein Jahr später verstarb er.