Ehrenamtliche in unserer Pfarrgemeinde verabschieden sich von ihrer Arbeit und werden weniger, – nicht “wegen des demografischen Prozesses” und nicht weil sie “langsam ausgestorben sind” (Zitat von Pfarrer Brosig aus einem Zeitungsinterview vom 02. Sept. 2014) -, sondern vielmehr weil sie unter den seit einem Jahr veränderten Bedingungen keinen Spielraum und keine Möglichkeit mehr sehen, ihr Ehrenamt verantwortlich, motiviert und mit Freude auszuüben. Diese Situation hat sich bisher sichtbar bei der Arbeit in der Kirchengemeinde und deren Gruppierungen ausgewirkt.
Nun betreffen die verfügten Änderungen des Pfarrers auch die Sonntagsgemeinde. Kirchenbesucher von St. Raphael schrecken auf: Türen sind verschlossen, die vorher im Gottesdienst offen waren. Für ältere Gottesdienstbesucher wegen des weiten Weges eine Qual, wenn sie schnell eine Toilette aufsuchen müssen. Ein solch eingeschränkter Fluchtweg reicht nicht, wenn bei Gefahr die Gottesdienstgemeinde die Kirche schnell verlassen muss.
Heute hat uns ein Leserbrief erreicht, der sich mit dem liturgischen Dienst des Orgelspiels in St. Raphael beschäftigt und nachfragt, warum nicht Organisten der Gemeinde eingesetzt sind:
“Schönen 2. Advent” dachte ich heute morgen noch, als ich gut gelaunt zum Gottesdienst nach St. Raphael geradelt bin. Doch dann kamen einige – nicht nur – musikalische Überraschungen, die ich so nicht für möglich gehalten hätte, zumindest noch nicht erlebt habe:
Heute habe ich Herrn L. an der Orgel in St. Raphael erlebt, seine musikalischen Qualitäten sind in gewissen Gemeinden von Hannover ja durchaus bekannt. Virtous, manchmal für meinen Geschmack etwas sehr verspielt und mit einem eigenen Rhythmus, da muss sich Gemeinde erst einmal reinfinden. Doch Kirchenmusik zu gestalten ohne jede Rückbindung in die Gottesdienstgemeinde, mit der man es zu tun hat, ist ein Wagnis und Abenteuer zugleich. Und für die Gemeinde mehr als schwierig.
Bereits beim Eingangslied “Wir sagen euch an …”, bei dem die Kinder üblicherweise die Kerzen entzünden, hörte er nach der ersten Strophe auf zu spielen. Auf Aufforderung hin begleitete er dann aber doch wohlwollend die zweite Strophe, so dass 2. Advent werden konnte. Kann passieren.
Zum Kyrie hatte er die Vierte Choralmesse, GL 117 – 119 ausgewählt, leider in St. Raphael völlig unbekannt und meines Erachtens auch für Laien nicht vom Blatt zu singen. Dabei nehme ich mich musikalisch von der Bezeichnung “Laien” ausdrücklich mal aus, auch für mich aus dem Stand nicht wirklich sauber möglich.
Nächste Überraschung: Den Zwischengesang begleitete er nicht nur auf der Orgel sondern gab sitzend vor dem Orgelspieltisch auch gleich noch den Kantor dazu. Meine Banknachbarn Gr.B. und Be.G. und ich (zusammen bestimmt ca. 90 Jahre Kantorenerfahrung in einer Bank) haben uns nur ratlos angeschaut. (In meiner Zeit als Trompetenschüler hat mir die Lehrerin mal geraten, vor geöffneter Kleiderschranktür zu üben, das dämpft ungemein). Ich war mir übrigens schon zu Beginn des Gottesdienstes nicht sicher, warum er ständig starke Kaubewegungen …, es wird doch wohl kein Kaugummi im Spiel gewesen sein…
Zum Halleluja gab es dann vom orgelspielenden Kantor ein Halleluja, das offensichtlich keinen Einzug ins Gotteslob gefunden hat, Melodie irgendwie schon mal gehört, zumindest Teile davon, aber kaum vernünftig nachsingbar. Zur Fürbittenantwort grätschte die Orgel dann immerhin mit einer bekannten Antwort dazwischen (Wir bitten dich erhöre uns, geläufig), dem Vorbeter war der Orgeleinsatz offensichtlich aber nicht angekündigt worden, er hat nicht damit gerechnet.
Sanctus und Agnus Dei – Schwamm drüber, besagte altehrwürdige Choralmesse ist wohl in der gesamten katholischen Welt, leider aber nicht in St. Raphael geläufig. So konnte die Gemeinde der Orgel lauschen, Kantorengesang gab es hierbei nicht. Nur jede Menge offene Münder, ich habe mich einfach mal umgeschaut.
Dass der Organist sein Spiel für den Kommunionempfang sitzend auf der Bank kurz unterbricht – immerhin, habe ich so auch noch nicht erlebt. Der Kommunionhelfer musste dafür nur ca. 30 Sekunden hinter ihm warten, bis der Organist bereit war.
Auf die Liederauswahl angesprochen meinte Herr L. anschließend, dass die Gottesdienstgemeinde in Corpus Christi am selben Morgen die Choralmesse wie aus einem Mund gesungen habe. Üben vorab oder Einsingen sei bei so alter und weithin bekannter Kirchenmusik nicht angebracht und notwendig. Glaube ich ihm ehrlich gesagt nicht so ganz.
Fazit: Wenn Fremdkörper in einer Gemeinde an die Orgel gelassen werden, sollte sie wenigstens jemand bei der Liedauswahl beraten, der die Gemeinde ein wenig kennt. Sonst wird es sehr schwierig, wenn nicht gar ärgerlich. Pater JoJo hat immerhin gute Miene zum schönen Spiel gemacht. Von Gesang konnte ja nicht oft die Rede sein. Was nicht bedeutet, dass wir nicht auch mal was Neues lernen wollen …
Übrigens: Ich freue mich schon auf den 3. und 4. Advent und Weihnachten: Garantiert ohne Herrn L.? Wir haben schließlich auch eigene Organisten.
Ich möchte allerdings ernsthaft anregen, dass sich der Liturgieausschuss des Themas einmal annimmt, vielleicht kann man für die Fastenzeit noch was ändern. Weihnachten liegt zur nächsten Sitzung wohl schon mehrere Wochen zurück … Aber alte Choralmessen ändern sich ja nicht so schnell.
Schönen Restadvent wünscht
Ulrich Kropp
Im Auftrag des Pastoralrates sollen hier auf der Website von St. Raphael gute Nachrichten aus der Gemeinde über das vielfältige Leben der Gemeinschaft der Katholiken und Christen in Garbsen und Marienwerder veröffentlicht werden. Doch leider gibt es immer weniger gute Nachrichten!
“Es ist gut, dass auf den Internetseiten von St. Raphael die Gemeinde auch darüber informiert wird, was in der Leitung vorgeht und nichts im Nebulösen bleibt.” Dieser Kommentar eines Lesers macht uns Mut, auch weniger gute Nachrichten weiterzugeben. Vielleicht macht es auch unseren Leserinnen und Lesern Mut, ihre Meinung hier zu äußern.